Nachhaltigkeit in der Leasingbranche. Zwischen Reporting-Pflichten und Reputation.
„Nachhaltigkeit“, wohl das Buzzword unter den Buzzwords. Auch wenn so mancher wahrscheinlich das Wort „Nachhaltigkeit“ nicht mehr hören kann, die Tatsache, dass das Thema immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist nicht zu leugnen. Denn auch wenn Energie- und Mobilitätswende durch die Vielzahl an Krisen etwas in den Hintergrund gerückt sind, schreiten sie doch stetig und unaufhaltsam voran. Klar ist, dass jeder von uns etwas tun kann und auch tun muss, sei es als Privatperson und auch als Unternehmen. Zu den strenger werdenden Regulatorien hinzu kommt ein verändertes Konsumentenverhalten. Denn mehr und mehr Kunden erwarten, dass Unternehmen Nachhaltigkeit umsetzen und dies auch zeigen. Grund genug, hier als Unternehmer mal genauer hinzuschauen, denn auch auf die Leasingbranche hat die Thematik signifikante Auswirkungen. Wie Sie als Leasinggesellschaft und Leasingmakler Nachhaltigkeit umsetzen können? Das zeigen wir hier, denn alles beginnt mit dem ersten Schritt!
Einen weiteren Blogartikel über Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft in der Leasingbranche finden Sie hier.
Nachhaltigkeit aus zwei Richtungen
Unternehmen begegnen dem Thema Nachhaltigkeit auf einer Vielzahl an Ebenen, sei es in Sachen Kundenerwartungen, Marktstrukturen oder regulatorische Vorgaben. Auch wenn Leasinggesellschaften oft nicht mittelbar von diesen Faktoren betroffen sind, so spüren sie dennoch die Auswirkungen. Das fängt an mit veränderten Vorgaben von Refinanzierungspartnern über Kundenwünsche bis hin zu Reporting-Pflichten. Die ESG-Vorgaben Umwelt (E), Gesellschaft (S) und Unternehmensführung (G) sollen dabei einen Rahmen darstellen für Unternehmen und Investoren, um ihren ökologischen und sozialen Einfluss zu analysieren und zu verbessern:
Das Pariser Klimaabkommen
Am 12. Dezember 2015 haben sich die Mitgliedsstaaten der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen auf drei Hauptziele verständigt:
Konkret soll der Anstieg der Durchschnittstemperatur auf unter 2 Grad Celsius, möglichst auf 1,5 Grad Celsius, gehalten werden. Das bedeutet, dass ab 2050 nicht mehr klimaschädliche Gase ausgestoßen werden dürfen als auch durch die Natur kompensiert werden kann, beispielsweise durch Wälder.
Die Vereinten Nationen betonen dabei, dass alle Staaten in der Pflicht stehen, diese Ziele zu erreichen. Entwicklungsländer sollen finanziell sowie durch Wissens- und Technologietransfer dabei unterstützt werden, klimaschützende Maßnahmen umzusetzen. Details über das Pariser Klimaabkommen finden Sie hier.
Orientierung im Nachhaltigkeits-Dschungel: Das BaFin Merkblatt
Im Januar 2020 hat die BaFin ein Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken veröffentlicht. Zentraler Fokus ist dabei der Punkt „Risikomanagement“, dabei vor allem Identifikations-, Steuerungs- und Controllingprozesse. Derzeit stellt das Merkblatt nur eine unverbindliche Orientierung dar. Jedoch erwartet die BaFin, dass sich auch Leasingunternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit und potenzielle Risiken auseinandersetzen. Dabei geht es im ersten Schritt um das Erkennen von Risiken, insbesondere auf physischer und transitorischer Seite. Daneben ist auch das Thema Reputation und mögliche Auswirkungen von nicht zu unterschätzender Relevanz. Im zweiten Schritt sollen Nachhaltigkeitsrisiken in interne Stresstestverfahren und Szenarioanalysen eingebettet werden. Damit wird eine Basis für das Ergreifen von Maßnahmen geschaffen, der dritte Schritt.
Physische und Transitionsrisiken – was bedeutet das für Sie?
Physische Risiken sind häufig Folgen klimatischer Veränderungen, wie extreme Wetterereignisse, angefangen von langen Trockenphasen bis hin zu Überflutungen und Stürme. Der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur, sowie die Auswirkungen, gehören auch dazu. Unternehmen werden häufig indirekt von diese Risiken getroffen, wie beispielsweise durch Störungen in der Lieferkette oder Verlagerung von Standorten aufgrund von Ressourcen. Die Schwierigkeit ist es, diese Ereignisse und vor allem die Auswirkungen vorherzusagen, denn das ist nur sehr vage möglich. Extreme Wetterereignisse können beispielsweise Auswirkungen haben auf Anschaffungen oder Rekonstruktion von Objekten. Daneben beeinflussen sie Rohstoffpreise oder sind Ursache für Betriebsstörungen. Das sind nur einige wenige Faktoren, die letzten Endes auch das Investitionsverhalten von Unternehmen beeinflusst, und damit auch die Leasingbranche.
Transitionsrisiken beschreiben Folgen in Zusammenhang mit der Umstellung auf ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Eine große Rolle spielen dabei einerseits politische Maßnahmen, die Sie dazu veranlassen, beispielsweise Ihr Bürogebäude neu zu sanieren oder eine nachhaltigere Heizung einzubauen. Auf der anderen Seite müssen Unternehmen lernen, mit neuen Technologien umzugehen und sich verändertem Konsumentenverhalten anzupassen. Verschließen Unternehmen die Augen und halten an alten Sachen fest, so kann das sehr gefährlich werden für das Geschäftsmodell. Auf diese Weise können Klimapolitik und Technologien einen Einfluss auf Fahrzeuge, Infrastruktur und Immobilien haben, genauso wie auf Energiepreise. Nicht selten müssen Unternehmen in neue Objekte investieren, um politischen Anforderungen gerecht zu werden, und beeinflussen damit auch den Leasingmarkt.
Überprüfung Sie Ihre Risikostrategie
Stellen Sie sich nicht nur risikospezifische Fragen, sondern hinterfragen Sie auch, wie Sie diese Fragen stellen und, vor allem, welche Informationen Sie benötigen! Nicht selten ist auch der Zeithorizont relevant, der entscheidet, ob und wie sie sich absichern müssen, beispielsweise mit Versicherungslösungen. Genauso wichtig ist es, zwischen länder-, regional- und unternehmensspezifischen Aspekten zu unterscheiden, wie im Fall von Lieferketten. Denn auch wenn Sie keinen direkten Kontakt mit Lieferketten haben, wenn Ihr Händler erst später liefern kann als geplant, hat das Auswirkungen auf den Vertrag und die Laufzeit. Überlegen Sie, wie Sie die Prozesse zur Identifizierung, Messung und Steuerung von Nachhaltigkeitsrisiken verfeinern können, denn nur die Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung.
Kommunizieren Sie klar und deutlich!
Ihren Umgang und Strategie in Sachen Nachhaltigkeit sollten Sie klar und deutlich nach außen hin kommunizieren, sowohl Ihren Handelspartner, Mitarbeitern als auch Kunden gegenüber. Versuchen Sie auch klarzumachen, ob und welche Kriterien Sie in Ihrem Tagesgeschäft verfolgen, beispielsweise bei der Auswahl von Handelspartnern. Identifizieren Sie dabei Tabu-Kriterien, die zum Ausschluss führen. Das können länder-, branchen- oder auch unternehmensspezifische Faktoren sein. Ein Beispiel der BaFin dafür ist: Ausschluss von Unternehmen, die Umsätze zu mindestens X % aus Abbau, Weiterverarbeitung oder Verbrennung fossiler Energieträger generieren.
Die Perspektive lässt sich natürlich auch rumdrehen, beispielsweise können Sie auch Positivlisten erstellen mit Kriterien, die für Sie besonders wichtig sind. So können Sie Unternehmen als Handelspartner bevorzugen, die sich einen positiven Umwelt- oder Gesellschaftsbeitrag zum Ziel gesetzt haben.
Nachhaltigkeit intern umsetzen – kleine und große Schritte
Unabhängig, ob Einzelunternehmer, Geschäftsführer oder Mitarbeiter, gehen Sie mit gutem Beispiel voran! Geben Sie Ihren Mitarbeitern Anreize, sich mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ zu befassen. Ein Beispiel dafür sind Weiterbildungen, aber auch außerhalb des Tagesgeschäfts können Sie auf mehr Nachhaltigkeit setzen. Einige Beispiele dafür sind:
Für die Kreditentscheidung werden nicht mehr nur Dokumenten wie BWA und Jahresabschluss relevant sein, sondern auch Nachhaltigkeitsanalysen des Geschäftsmodells und Zertifizierungen. An dieser Stelle ergibt sich oftmals einiges an Weiterbildungs- und Aufholpotenzial für Mitarbeiter*innen.
Nachhaltigkeitsberichterstattung für CSRD und EFRAG – was ist das?
Für viele Unternehmen stellen die neuen Reporting-Pflichten wohl einer der größten Herausforderungen dar. Laut des BDL werden ungefähr die Hälfte aller Leasing-Gesellschaften zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet sein und müssen damit für das Jahr 2025 eine Nachhaltigkeitsberichterstattung erstellen (Wegner und Würth, 2022). Daneben erfordert die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) noch ergänzende detailliertere Berichtsstandards (Sustainability Reporting Standards) in den Bereichen Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung. Im Oktober 2023 sollen noch weitere sektorspezifische Anforderungen, auch für den Finanzsektor, hinzukommen. Grund genug, sich mit dem Thema aktiver auseinanderzusetzen!
Sind auch Sie zur Umsetzung der CSRD und EFRAG verpflichtet?
- 2024: alle großen, kapitalmarktorientierten Unternehmen
- 2025: Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen:
(mehr als 250 Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt / mehr als 40 Millionen Euro Umsatz / mehr als 20 Millionen Euro Gesamtvermögen) - 2026: alle börsennotierten kleinen und mittleren Unternehmen betroffen
Dabei sind nicht nur allgemeine Angaben relevant wie das Geschäftsmodell und die Wertschöpfungskette, sondern auch das Vorweisen einer Nachhaltigkeitsstrategie mit qualitative und quantitativen Nachhaltigkeitszielen. Weiterer Teil des Berichts sind die Entwicklung entsprechender Maßnahmen aber auch das Auslegen von Chancen und Risiken in diesem Kontext. Die Entwicklungsschritte sollen mit validen und messbaren KPIs sichtbar gemacht werden. Mit diesen Indikatoren soll die Steuerung und Zielerreichung gemessen werden, intern und extern.
Basis für die Berichtserstattung ist die Ermittlung des eigenen CO2-Fußabdrucks (Corporate Carbon Footprint, CCF). Ausgehend davon können Sie nicht nur sagen, wie nachhaltig Sie derzeit intern aufgestellt sind, sondern auch wie wirkungsvoll Ihre Maßnahmen sind.
Sind Sie als Leasingunternehmen berichtspflichtig, sind für Sie vor allem der CSRD und der EFRAG wichtig. Neben Ihrem CO2-Fußabdruck müssen Sie Energie- und Wasserverbrauch sowie verschiedene Angaben zu Treibhausgasemissionen zu veröffentlichen. Relevant sind dabei nicht nur die Angaben Ihres eigenen Geschäftsbetriebs (Scope 1), sondern auch die aus bezogener Wärme und Strom (Scope 2) und eingekauften Gütern (Scope 3). Einer der größten Herausforderungen ist dabei der Bezug der Daten. Insbesondere für den CO2-Fußabdruck von verleasten Objekten, der sich sowohl aus der Herstellung des Objekts als auch aus der späteren Nutzung zusammensetzt. Problem ist, dass hierfür oft die Daten fehlen. Darüber hinaus herrscht oftmals Unklarheit, welche Angaben beim Produkthersteller und welche beim Leasing-Nehmer zu erheben sind.
Nicht nur Bericht erstatten, sondern auch offen legen
Wenn Sie als Leasinggesellschaft zur Berichtserstattung nach CSRD und EFRAG verpflichtet sind, gelten für Sie gleichzeitig auch die Offenlegungspflichten nach Artikel 8 der EU Taxonomie-Verordnung. Damit weisen Sie aus, wie hoch der Anteil an nachhaltiger Wirtschaftstätigkeit an Ihrem Gesamtgeschäft ist. Als „nachhaltig“ gilt eine Geschäftstätigkeit dann, wenn diese drei Kriterien erfüllt sind:
- Leisten eines wesentlichen Beitrag zu einem der sechs Umweltziele der Taxonomie-Verordnung (Artikel 9)
- Gleichzeitig kein anderes Umweltziel erheblich beeinträchtigt
- Ein Mindestschutz für Arbeitssicherheit und Menschenrechte eingehalten wird
Auch an dieser Stelle muss die Erfüllung der Kriterien anhand von verschiedener KPIs nachgewiesen werden. Für Nicht-Finanzunternehmen sind diese der Umsatz, das Investitionsvolumen sowie die Betriebsaufwendungen. Gelten Sie als Kreditinstitut ist der maßgebliche Indikator die Green Asset Ratio, ergänzt um weitere außerbilanzielle und umsatzbasierte Faktoren. Die Frage, ob eine Leasinggesellschaft ein Kreditinstitut ist oder nicht ist nicht immer klar und oft abhängig vom Einzelfall. Gelten Sie als CRR-Institut, sind Sie an die Reporting-Pflichten für Kreditinstitute gebunden (Artikel 4 Absatz 1 Nr. 1 Kapitalad- äquanzverordnung). Leasinggesellschaften ohne Banklizenz werden nicht zu dieser Gruppe hinzugezählt, auch wenn sie in anderen Regulierungsfragen als Bankinstitut behandelt werden. Treffen jedoch mindestens zwei der folgenden Merkmale auf Leasinggesellschaften ohne Banklizenz zu, müssen Sie die Leistungsindikatoren für Nicht-Finanzunternehmen offenlegen:
- mehr als 250 Beschäftigte
- 20 Millionen Euro Bilanzsumme
- 40 Millionen Euro Umsatz
Erkennbar ist, dass die Vorgaben teilweise noch recht schwammig sind und sich in den nächsten Jahren einiges ändern wird. Dennoch macht es Sinn, schon jetzt sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und potenzielle Risiken und Maßnahmen zu erkennen. Denn beim Thema „Nachhaltigkeit“ kann man vermutlich nicht früh genug dran sein!
Gehen Sie mit gutem Beispiel voran!
Ganz klar, die Reporting-Vorschriften und damit etablierte Prozesse werden deutliche Auswirkungen auf Ihren Geschäftsalltag haben, können aber auch große Chancen bieten! Gerade Sie als Leasinggesellschaft haben tagtäglich Kontakt mit einer Vielzahl an Wirtschaftsakteuren und daher auch einen großen Einfluss. Beraten Sie Ihre Kunden zu nachhaltigeren und effizienteren Objekten, denn oftmals gibt es auch hier einige Wissenslücken. Damit können Sie ordentlich Mehrwert generieren und Finanzierer und Berater zugleich sein. Daneben können Sie auch klimaneutrale Leasing-Verträge in Ihr Portfolio aufnehmen, indem Sie die Option anbieten, Emissionen über Sie zu kompensieren. Die Leasing-Branche ist maßgeblicher Treiber für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft, denn wenn Kunden Objekte an Sie zurückgeben, können Sie diese weiterverwenden, am Markt verkaufen oder an den nächsten Kunden leasen. Wichtig ist dabei zunächst, dass Sie vor Ihrer eigenen Haustür kehren und den CO2- Ausstoß Ihres Geschäftsbetriebs erkennen und Maßnahmen ergreifen, um diesen zu reduzieren. Denn das hat einen maßgeblichen Einfluss auf Ihre Reputation, nach innen und nach außen. Nicht nur Aufsichtsbehörden priorisiert das Thema Nachhaltigkeit sehr weit oben, insbesondere für Kunden, Investoren und Handelspartnern wird das ein immer kritischerer Faktor!
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